Thema: haben (mit anderer Konjugation) - halten (in der Hand halten, festhalten, befestigt sein,...)

Ostarrichi > Wörterdiskussionen > Wortbedeutungen

haben (mit anderer Konjugation) - halten (in der Hand halten, festhalten, befestigt sein,...)
01.07.2023 von SebD

Link zum Eintrag:
haben (mit anderer Konjugation) - halten (in der Hand halten, festhalten, befestigt sein,...)
https://www.volkswoerterbuch.at/wort/32966/haben_m...

Ich habe es nicht geschafft, dort einen längeren Kommentar einzutragen, möglicherweise gibt es eine Längenbeschränkung, deshalb Informationen dazu hier im Forum.

Wegen der beschränkten Länge eines Kommentars auch hier (5000 Zeichen) ist der Text aufgeteilt.

"haben" hat mundartlich neben den üblichen Bedeutungen auch die Bedeutung "halten" (in der Hand halten, festhalten, befestigt sein,...).

Dabei ist die Konjugation eine andere. Unten eine Übersicht über die Konjugation im allgemeinen Fall und im speziellen Fall "halten", wie ich (im Bzk. Schärding) sie kenne, in Klammern weitere Formen, die ich kenne bzw. gefunden habe.
Kursiv: Aussprache (´å´ ist ein dunkles a, ´ã´ ein nasaliertes a)
Nicht kursiv: Text wie gefunden, z.B. aus dem Internet

| "haben" allgemein | "halten"
--- | --- | ---
ich | (hãn, håb, , han) | håb
du | håst | håbst
er/sie/es | håt | håbt (håp)
wir | hãm (hãmd, hãmb, ham(m)a, habm, habn) | hå(b)m
ihr | håbts | håbts
sie | hãm (hãmd, hãmb, habm, habn) | hå(b)m
Infinitiv | hå(b)m | hå(b)m
Imperativ | (håb?) | håb
Partizip II | ghåbt (ghåt, ghåp) | ghåbt (ghåp)

(Das oben soll eine Tabelle mit drei Spalten sein. Ich weiß nicht, wie man das richtig formatieren kann.)

Das ist natürlich nicht vollständig (Konjunktiv, u.s.w.).

Informationen zur Aussprache habe ich vor allem von einigen Webseiten mit Hörbeispielen:
OÖTon (Oberösterreich): https://www.stifterhaus.at/forschung/sprachforschu...
sprachatlas.at (Alpenraum, Bundesland Salzburg,...): https://sprachatlas.at/
Lungau: https://www.pfeifenberger.at/wiarach/landkarte/

Auf diesen Seiten gibt es jeweils Beispiele von älteren und von jüngeren Sprechern.

Für den Alpenraum (eig. Westösterreich plus Umgebung) gibt es 1. und 3. Person Singular ("Karl hat es ihm gesagt.", "Ich durfte nicht kommen.", wo die meisten Sprecher das Perfekt verwenden).
Für OÖ gibt es zusätzlich den Infinitiv ("Er wird keine Zeit haben.").
Für das Bundesland Salzburg gibt es weitere Formen von haben.
Für den Lungau gibt es auch 3 Formen von "halten" ("er/sie hält", Infinitiv, Partizip II).

Anmerkungen zur Tabelle:
1. Person Sing., allgemeiner Fall:
ich (hãn, håb, , han)

Geschrieben wird die Form "han", man findet sie so z.B. in der (jetzt umstrittenen) oö. Landeshymne.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hoamatgsang
Im Wikipedia-Artikel gibt es zwei Varianten des zweiten Verses:
Han di so gern
di han i so gern

In den Hörbeispielen hört man von den älteren Sprechern oder hãn.
Von den jüngeren Sprechern in OÖ und im nördlichen Salzburg hört man meistens håb, manchmal auch eine Mischform , also ohne ´b´, aber auch ohne Nasalierung. Bei der Form håb fällt der Unterschied zur Bedeutung "halten" weg.

1. Person Plural, allgemeiner Fall:
wir hãm (hãmd, hãmb, ham(m)a, habm, habn)
Die Form hãmma kenne ich auch, als Aussprache von "haben wir". Aber in der Tabelle ist gemeint, dass laut Internet manche Leute "mia/mir/wir ham(m)a" für "wir haben" schreiben.

Infinitiv, 1. und 3. Person Plural (Fall "halten"):
hå(b)m
Die Schreibweise soll andeuten, dass das ´b´ möglicherweise sehr schwach ausgesprochen wird.
Bei der 1. und 3. Person Plural sind die beiden Fälle durch das unterschiedliche ´a´ (nasaliertes a oder dunkles a) trotzdem unterscheidbar, beim Infinitiv gibt es keinen Unterschied.

Imperativ, allgemeiner Fall:
Beim Imperativ habe ich ein Fragezeichen dazugesetzt, weil man im Normalfall ja für "haben" keinen sinnvollen Imperativ bilden kann. Das geht nur in Sonderfällen (Geduld haben, Mitleid haben, keine Angst haben,...), und da weiß ich nicht, ob die mundartlich üblich sind.

Partizip II (gehabt):
Für mich gibt es beim P. keinen Unterschied, es ist in beiden Fällen ghåbt.
Auch die meisten Sprecher im Lungau machen keinen Unterschied, sie verwenden in beiden Fällen ghåp.
Aber einige Sprecher in Kärnten, im Gurktal, die auf der Seite auch erfasst sind, verwenden hier verschiedene Formen: ghåt für den allgemeinen Fall, ghåp für die Bedeutung "halten". Aber auch im Großteil Oberösterreichs dürfte es diese Unterscheidung geben (siehe weiter unten).

01.07.2023 von SebD

Verbreitung:
Beim Atlas der Alltagssprache (AdA) gibt es eine Karte:
https://www.atlas-alltagssprache.de/runde-4/f17/
Demnach wird im Alemannischen (Vorarlberg), aber auch in Tirol (Nord-, Süd-, Ost-) und Teilen Bayerns, nicht "haben" sondern "heben" für "halten" verwendet. Einen dazu passenden Eintrag gibt es hier auf der Seite:
heben - halten, aushalten
z.B.: döis hebt numma lång = das hält nicht mehr lange

https://www.volkswoerterbuch.at/wort/7294/heben
Wenn man annimmt, dass der Username "stanton" ein Hinweis auf St. Anton am Arlberg ist, stimmt das mit der AdA-Karte überein.

"haben" ist auf der AdA-Karte nicht eingezeichnet.

Im Sprachatlas von Oberösterreich (SAO) gibt es eine Karte
II 116 Kontraktion in gehabt (mhd. gehât / gehabet) (zu haben als Hilfsverb)
https://i.ibb.co/5ct6WRb/gehabt.jpg
Aber da muss in der Beschreibung ein Fehler sein. Dort steht, schon in der Überschrift, dass es um das Partizip des Hilfsverbs "haben" geht. Das glaube ich nicht. Das Hilfsverb tritt ja hauptsächlich in der Präsensform auf (z.B. "er hat gesagt"). Wenn das Partizip II auftritt, wird es fast immer das P. des Vollverbs sein (z.B. "er hat (z.B. Zeit) gehabt"). Ich habe dem Fragebuch, den Link findet man hier: https://www.stifterhaus.at/forschung/sprachforschu..., nicht entnehmen können, wie die Daten für die Karte erfragt wurden, aber ich vermute, dass das Partizip II des Vollverbs dargestellt ist. Andererseits ist es aber auch egal, weil die Konjugation des Hilfsverbs und des Vollverbs in der Bedeutung "haben" gleich sind.

Das Partizip ist in einem großen Teil des Bundeslandes ghåt, nur am Rand im NW, Westen, Süden ghåbt. Laut Beschreibung ist die Form ghåbt tlw. älter, tlw. auch eine neuere, schriftsprachennahe Form.

Wie unten in der Beschreibung der Karte steht, ist das Partizip in der Bedeutung "halten" immer die nicht kontrahierte Form. Die Karte bestätigt, was ich in der Tabelle am Anfang geschrieben habe. Für mich, im Bzk. Schärding, ist das Partizip für beide Fälle ghåbt.

Einloggen





Impressum | Nutzung | Datenschutz

Information rund um die österreichische Sprache ist die Hauptaufgabe dieser Seiten.

Das österreichische Deutsch, oder einfach Österreichisch, zeichnet sich durch besondere Merkmale aus. Es besitzt einen einzigartigen Wortschatz, bekannt als Austriazismen, sowie charakteristische Redewendungen.

Die Besonderheiten von österreichischem Deutsch gehen jedoch über den Wortschatz hinaus. Sie erstrecken sich auf Grammatik und Aussprache, inklusive der Phonologie und Intonation. Darüber hinaus finden sich Eigenheiten in der Rechtschreibung, wobei die Reform von 1996 gewisse Grenzen setzt.

Das Standarddeutsch des Österreichischen ist von der Umgangssprache und den in Österreich gebräuchlichen Dialekten, wie den bairischen und alemannischen, klar abzugrenzen.

Dieses Online Wörterbuch der österreichischen Sprache hat keinen wissenschaftlichen Anspruch, sondern versucht eine möglichst umfangreiche Sammlung an unterschiedlichen Sprachvarianten in Österreich zu sammeln.

Für Studenten in Österreich gibt es eine Testsimulation für den Aufnahmetest Psychologie.

Hinweis: Das vom Bildungsministerium mitinitiierte und für Schulen und Ämter des Landes verbindliche Österreichische Wörterbuch, derzeit in der 44. Auflage verfügbar, dokumentiert das Vokabular der deutschen Sprache in Österreich seit 1951 und wird vom Österreichischen Bundesverlag (ÖBV) herausgegeben. Unsere Seiten und alle damit verbundenen Dienste sind mit dem Verlag und dem Buch "Österreichisches Wörterbuch" in keiner Weise verbunden.

Unsere Seite hat auch keine Verbindung zu den Duden-Nachschlagewerken und wird von uns explizit nicht als Standardwerk oder Regelwerk betrachtet, sondern als ein Gemeinschaftsprojekt aller an der österreichichen Sprachvariation interessierten Personen.